Das Geschenk
|
Das Geschenk
Der alte Baum keuchte vor Schmerz, denn tausende Käfer kauten seine einstmals harte, schützende Rinde. Die ewig hungrigen Krabbler bissen sich hoch in die Krone, dass der Baum kaum noch Kraft hatte dem Wind zu trotzen, der einst fröhlich mit seinen Blättern spielte.
Ein alter Engel, der am Rande der Milchstraße in feurigen Gaswolken wohnt, wurde aufmerksam. Er vernahm den Schmerz aus der Ferne, der ihm selbst so weh tat, dass er am ganzen Leib zitterte. „Ich kann das nicht aushalten!“ schimpfte er so zornig, dass das Gas um ihn herum zu glühen begann, „Dies unerträgliches Leid muss doch mal ein Ende haben.“ Entweder wird die Maus von der Katze gefressen, oder sie entkommt und kann fröhlich weiter leben. So ist das geregelt. Dachte er. Niemand im Universum soll schrecklich und dauerhaft leiden müssen!
Er konnte nicht mehr entspannt in seiner Gaswolke lungern, auch das Sternschnuppenfangenspiel besserte seine Qual nicht. Mürrisch machte er sich auf die Suche.
Schließlich, auf einem fernen Planeten, fand der Engel das geschundene, ächzenden Holz, das so geschwächt war, dass er fürchtete der Ast auf dem er sich hockte könnte brechen, obwohl er doch selbst ohne Gewicht war.
„Was heulst du!“ fragte der Engel den alten Baum, merkte aber gleich, wie sich tausende Käfer in seine Füße verbeißen wollten. Erschrocken über diese Unverschämtheit brachte der Engel seine Körpertemperatur zum Kochen und die Käfer ließen von ihm ab. „Respektloses, ekliges Gesindel!“ rief er wütend. „Wo kommen die nur her?“ „Sie waren schon immer hier.“ winselte der Baum, „Einst lebten wir friedlich. Ich nährte und beschütze sie, ich erfreute mich sogar an ihnen, aber das ist lange her. Irgendwann begannen kleine Gruppen mich und alle Lebewesen hier regelrecht aufzufressen.“
Der Engel schaute und sah zu seinem Entsetzen kleine Maschinen, die tiefe Löcher in die Rinde des Baumes bohrten. „Die fressen mehr als die brauchen!“ schimpfte der Engel. „Die tun den ganzen Tag nichts anderes!“ heulte der Baum. „Verkommenes, rücksichtsloses Pack!“ schrie der Engel laut, doch die Käfer hörten nicht. Emsig verrichteten sie ihre dumme Arbeit.
„Ich helfe dir, wenn du es wünscht!“ sagte der Engel freundlich zum ächzenden Holz und flog davon.
Dieser Verlust tat dem Baum so weh, dass er die Krabbler vergaß und sich fürchterlich nach dem Engel sehnte. Forschend trieb er seine letzten, traurigen Blätter in den Himmel und suchte im tiefen Raum nach dem freundlichen Wesen. Dem Schmerz und Selbstmitleid war er so verfangen, dass er nicht merkte, wie die Käfer aufgeregt das Weite suchten. Voller Verzweiflung schluchzte und schrie der Baum, bemerkte die vielen gestörten Krabbler nicht, die sich wanden im qualvollen Todeskampf, bis keines der Tierchen mehr lebendig war. Der Engel hatte den Käfern Ohren geschenkt.
Der Baum erwachte aus seinem Leid. Ein schluchzen noch, war geheilt, ein schluchzen, sah die toten Krabbler, schluchzend, trauerte er bitterlich in der Stille .
|
^^O^^ |